Trauer ist für alle da

17 11 2009

Ein Mensch stirbt.
Sein Umfeld ist traurig.

So weit, so menschlich und „normal“.

Was jedoch passiert, wenn ein Mensch stirbt, der in der Öffentlichkeit steht, konnte man in letzter Zeit gehäuft beobachten.

Erst der Tod von Michael Jackson, der inzwischen markenbewusst ausgeschlachtet wird (hey, noch vor n paar Monaten hat sich keine Sau mehr für ihn interessiert, und jetzt verkaufen sich seine Alben wie geschnitten Brot, es gibt ’nen Kinofilm und ne inzwischen 20teilige Serie über ihn in der Bravo), und seit kurzem der Suizid von Robert Enke.

Klar, ein Freitod ist immer tragisch und die Folge von schweren Problemen (wie auch immer geartet sei jetzt mal dahin gestellt).

Aber wird ein Tod dramatischer und wichtiger, nur weil jemand diesmal nicht hinter Bällen her, sondern vor einen Zug gesprungen ist?

Schonmal aufgefallen, dass in Zeitungen so gut wie nie über Suizide berichtet wird? Das liegt an einer 1997 vom Deutschen Presserart veröffentlichten Richtlinie.

Das sich fast ausnahmslos alle Zeitungen, allen voran UNBILDUNG, sich natürlich nicht daran halten und Enkes Leiche geil auf die Schlachtbank der Auflagen zerren und seine Familie zur Schau zu stellen, überrascht dementgegen allerdings trotzdem kaum.
Ebensowenig überrascht die bundesweite Bestürzung. Da bekundet schon mal die Bundeskanzlerin höchstpersönlich der Spielerfrau ihr Beileid. Weil das ja so wichtig ist. Die Fußballnationalmannschaft und ihre Spieler waren schon immer von nationaler Bedeutung.

Besonders amüsant ist es dann, sich Diskussionen dazu im Internet anzusehen. Virtuelle Kondolenzbücher, digitale Kerzen, alles was das betroffene Neufan-Herz begehrt. Und kritische Geister werden, ganz im Sinne unserer aufgeklärten Zeit, auf höchstem Niveau zur Räson gebracht.

Ein Beispiel? Ich zitiere gerne aus den Kommentaren zu ui.’s Blogeintrag zu diesem Thema:

hör mal zu du spinner.man schreibt nicht schlecht über tote menschen und vorallem nicht so eine 0 wie du es bist!es mag(es ist)feige sein,aber sowas schreibt man nicht!vorallem,jemand macht einen link zu einer kerze und nimmst es raus und schreibst noch dazu so einen käse!tze tze tze.ich geb dir ja sogar recht in manchen punkten!(lokführer,fam.usw)aber so wie du es schreibst geht gar nicht!naja das gute ist,dein dreck ließt fast keiner!
(jw)

Man beachte bitte die ausgefeilte Wortwahl sowie die beispielhafte Interpunktion.
Spaß beiseite: „man schreibt nicht schlecht über tote menschen“? Aha. Mal abgesehen davon, dass das – meiner Meinung nach – in ui.’s Artikel überhaupt nicht der Fall war (man muss bzgl. der Themen Feigheit und Egoismus von Selbstmördern nicht mit ihm einer Meinung sein, aber um ihm schlechte Nachrede zu unterstellen, braucht man schon einiges an bösem Willen), finde ich es zweifelhaft, anderen das Recht abzusprechen, auch verstorbene Menschen zu kritisieren. Warum? Man stelle sich vor, jemand schreibt über Vlad den Pfähler oder Mengele oder Hitler und dann kommt ein Troll aus dem Gebüsch gesprungen, „Über die Toten nur Gutes!!!“

Gerne gebe ich noch ein zweites Beispiel:

du miese missgeburt!! wie kann man sich nur darüber lustig machen wenn ein so großartiger mensch wie robert enke aus dem leben tritt!? ich hab’s grad erfahren, und ich könnte ausrasten wenn ich so ne hohle scheiße lese wie das was du hier von dir gibst! robert enke war ein phantastischer torwart und ein super charakter und hat es nicht verdient, dass so einer wie du auch nur über ihn redet!!
(Volxmutant)

Spätestens hier hat dann auch der letze gemerkt, dass Merkmale des unreflektierten Wutposters fehlende Groß-und Kleinschreibung, beklagenswerte Interpunktion und ein so plattes Diskussionsverhalten sind, dass es einem schon körperlich weh tut.

Bewundernswert finde ich auch, wie viele Freunde Verstorbene habem/hatten. Ansonsten kann ich es mir nicht erklären, wie solche Urteile über seinen Charakter zustande kommen können.

Oder sehe ich das falsch? Glaubt echt noch jemand, das Medien ein verlässliches und ehrliches Bild von einem Menschen zeichnen?

Mal als abschließender Denkanstoß noch ne kleine Definition 😉


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Eine Antwort

31 03 2012
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Ja, es ist schon erstaunlich, wie der Tod Menschen verändert (natürlich nicht nur die Betroffenen). Die Medien pushen und steuern die Meinung und die Gefühle der Beobachter in einer unglaublichen Art und Weise und die Masse, der Mob, die Menschen, lassen sich immer wieder gerne manipulieren. Ich sage einfach mal der Mensch ist dumm. Das System sagt ihm, was er machen soll, was er denken soll und was er fühlen soll. Plötzlich setzen sich Menschen für einen Torwart ein, den sie vorher gar nicht kannten! Viele Grüße Ihr dummen Menschen, ich provoziere Euch nun mal! Steuere Deine Gefühle und Deine Wut! Lässt Du Dich provozieren?!

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